In dem ersten Teil der Diskussion haben wir einige generelle Herausforderungen von IoT angesprochen. In diesem zweiten Teil skizzieren wir zentrale Aspekte von Industrie 4.0 und unterstreichen die Notwendigkeit für ein strategisches Datenmanagement.

Deutschlands Referenzarchitektur-Modell Industrie 4.0 (RAMI 4.0)

Industrie 4.0 wird mit beeindruckender Energie von führenden deutschen Industrieverbänden vorangetrieben. Das Label steht für das Ziel einer umfassenden Digitalisierung und Integration der industriellen Wertschöpfungsketten. Unerlässlich für den Erfolg von Industrie 4.0 ist eine weitaus stärkere Zusammenführung von Informations- und Kommunikationstechnologien mit Automatisierungstechnologien. Die grundsätzliche Idee beruht hierbei auf der Verbindung von serverbasierten Architekturen mit bewährten Standards und Protokollen der Automatisierungswelt (ISO, IEC u. ä.).

Industrie 4.0 strebt die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen eines industriellen Bereichs in Echtzeit an – und damit die Vernetzung aller an der jeweiligen Wertschöpfung beteiligten Instanzen. Die in der Produktion erzeugten Daten sollen zu allen Zeitpunkten den aktuellen Prozesszustand darstellen, um bestmögliche, d. h. wertschöpfende Entscheidungen für den Produktionsprozess zu ermöglichen. Es liegt auf der Hand, dass Industrie 4.0 einen kontinuierlichen Strom produktionsrelevanter Daten liefern wird.

Mit der Vernetzung zwischen dem Line-of-business und der Produktionswelt mit ihren Maschinen, Maschinenelementen und Werkstücken wird eine wesentliche Voraussetzung geschaffen

  • eine individualisierte Massenfertigung (geringe Stückzahlen, bis hin zu Losgröße eins)
  • die rekonfigurierbare Produktionsabläufe und
  • die Option, auf derselben Fertigungsanlage verschiedenartiger Produkte herstellen zu können.

Ziele wie ein optimiertes Energiemanagement, eine vorausschauende Wartung oder lokale Prozessoptimierung sind hier nur Mittel zu einem größeren Zweck.

Aus Integrationssicht geht es bei Industrie 4.0 um drei Dimensionen:

  • Horizontale Integration über Wertschöpfungsnetzwerke

Im Rahmen einer horizontalen Integration tauschen Unternehmen mit Kunden, Zwischenhändlern, Lieferanten, Entwicklungs- oder Logistikdienstleister vielfältigste Daten aus. Integration bedeutet hier auch, dass kundenspezifische Anforderungen in alle Phasen eines Produktlebenszyklus – über Design, Produktion, Lieferung, Nutzung hinweg – nutzbar sind.

  • Vertikale Integration über Automatisierungshierarchien

Die vertikale Vernetzung zielt ab auf die Hierarchieebenen in der Produktion, also die Verbindung von Aktorik und Sensorik, Steuerungs-, Leit- und Planungsebene.

  • Selbstoptimierung von Produktionsressourcen

Ohne Integration keine intelligente Optimierung. Die Verfügbarkeit von Daten und die Kompetenz, leistungsfähige Softwareplattformen und Algorithmen einzusetzen, sind essentiell für werthaltige Optimierungen.

Das Referenzarchitekturmodel Industrie 4.0 (RAMI 4.0) versteht sich als umfassender technisch-normativer Rahmen für die Interoperabilität zwischen allen Instanzen. In einem dreidimensionalen Spezifikationsraum, aufgespannt durch Funktionalität, Lebenszyklus und Produktionshierarchie soll aus einer hierarchischen Produktion eine Smart Factory werden, in der vernetzte Elemente reibungslos und internet-basiert miteinander kommunizieren.

Essentiell für dieses ambitionierte deutsche Konzept von Industrie 4.0 ist eine digitale Abbildung der Elemente der realen Fertigungswelt (allgemein als Cyber-Physical System, CPS, bezeichnet). Dieses virtuelle Abbild, als Verwaltungsfachschale bezeichnet, ist nicht nur als eine Momentaufnahme des aktuellen Status eines Fertigungselements gedacht, vielmehr sollen in einem Repository zentrale Informationen aus dem gesamten Lebenszyklus des CPS erfassen werden – von Konstruktionsdaten der Designphase über mechanische Eigenschaften bis hin zu technischen Leistungsdaten und beschreibenden Dokumenten. In allen Phasen des Lebenszyklus des Elementes reichern folglich weitere Daten, etwa zu Wartung und Nutzungshistorie, das gerätespezifische Repository weiter an.

Insgesamt versteht sich der deutsche Ansatz für Industrie 4.0 als international zentrale Referenz für eine umfassende, bewährte Standards und Normen einbeziehende Architektur, die ein hohes Maß an Interoperabilität zwischen den CPS und dem umgebenden IT-Ökosystem erlaubt. Allerdings steht Industrie 4.0 erst am Anfang und muss seine Tragfähigkeit in praktischen Lösungen und im internationalen Standardisierungswettbewerb unter Beweis stellen. Aus Sicht des Datenmanagements sind die Herausforderungen allemal erheblich: Der durch Vernetzung und Produktionsdynamik gespeiste Strom an Daten muss eingehegt werden. Nur mit effizienten Werkzeugen für die Datenintegration und -verteilung, die Qualitätsanalyse und -sicherung werden Unternehmen die immensen Herausforderungen stemmen können. Zweifellos wird Talend’s Data Fabric hierbei eine zentrale Rolle spielen.