In diesem dreiteiligen Beitrag skizzieren wir, warum sogenannte Smart Contracts im Zusammenspiel mit der Blockchain-Technologie das Zeug haben, Geschäftsprozesse zwischen Menschen und Institutionen massiv zu erleichtern.

 

 

Wir beschränken uns hier selbstverständlich nur auf Grundaspekte und widmen uns dabei vor allem den folgenden drei Fragen:

  • Was machen die Distributed-Ledger- und Blockchain-Technologie als Fundament für Smart Contracts so bedeutsam? (Teil I)
  • Was können Smart Contracts und warum spielt die Ethereum-Blockchain eine besondere Rolle? (Teil II)
  • Welchen Nutzen bieten Smart Contracts im industriellen Kontext – aufgezeigt am Beispiel einiger Use Cases? (Teil III).

 

Von Kryptowährungen, DLT und Blockchains – Austauschtechnologie ohne Mittelsmann

Beginnen wir zunächst mit dem technologischen Fundament für die digitalen Contracts, da ein Grundverständnis für die weiteren Ausführungen unerlässlich ist.

Kryptowährungen

Kryptowährungen sind in den Medien allgegenwärtig. Die dominierenden Bitcoins sind als virtuelles Geld immerhin seit ca. 2010 verfügbar und trotz aller Preisschwankungen erfolgreich – gleichzeitig aber auch höchst umstritten. Die Spannbreite der Meinungen reicht von Enthusiasmus über die Möglichkeit virtueller Zahlungsmittel bis hin zur Sorge, dass die staatliche Kompetenz für das Finanzwesen unterhöhlt wird.

Heute ist die Liste der Kryptowährungen lang (manche zählen mehr als 10.000 verschiedene Ausprägungen) und das gesamte Ökosystem wird zunehmend komplexer.

Die technischen Zutaten, aus denen Kryptowährungen „geschöpft“ werden, sind gar nicht so neu: Man nehme verteilte, redundante und synchronisierte Datenspeicherung, verkette Transaktionen (über Blockstrukturen), die auf starken Verschlüsselungsalgorithmen beruhen (Kryptographie) und garantiere Transparenz der Inhalte (Daten, Code) für jeden Teilnehmer im Netzwerk.

Neu ist das clevere Rezept, diese Konzepte so zusammenzubringen und weiterzuentwickeln, dass daraus etwas Disruptives entstanden ist: eine völlig neue „Logik“ für die Entstehung und den automatisierten Austausch von virtuellem Geld.

 

 

Das Disruptive betrifft dabei gar nicht so sehr die Virtualisierung, sondern die Realisierung des Prinzips „Cutting out the Middleman“. Dies bedeutet: Es bedarf keiner Bank, keines Kreditkartenunternehmens oder eines vergleichbaren Mittlers.

Das Resultat: eine erhebliche Vereinfachung, Beschleunigung und Effizienzverbesserung von Tauschvorgängen.

Schauen wir ein wenig genauer auf die technischen Bausteine und beginnen mit der Distributed Ledger Technologie (DLT).

Distributed Ledger Technologie (DLT)

Als Ledger bezeichnet man seit Jahrhunderten die Hauptbücher für die Dokumentation finanzieller Transaktionen. Zur sicheren Aufzeichnung werden Buchungen auf dem Papier (mit Tinte!) verkettet, sodass nachträgliche Manipulationen praktisch unmöglich sind.

ERP-Systeme haben versucht, dieses Aufzeichnungsmuster in relationalen Datenbanken zentralisiert abzubilden. Im Gegensatz hierzu verteilen DLTs Kopien des „Hauptbuchs“ an Knoten (Teilnehmer) in einem Netzwerk.

Blockchain-Technologie

Die Blockchain-Technologie ist eine spezifische Ausprägung des DLT-Ansatzes. Die Datenstruktur einer Blockchain fasst Transaktionen zwischen Teilnehmern in Blöcken zusammen und verkettet diese transparent für alle hintereinander – ähnlich dem vorgenannten Hauptbuch.

Diese Blockerstellung und Verkettung erfolgt mit Hilfe kryptographischer Hashwerte (security), die aus komplexen Berechnungen von Schürfern (miner) erzeugt werden. Jeder neuer Blockeintrag wird in einem Konsensverfahren verifiziert. Die Miner(-Teams) investieren in eine hohe Rechenleistung für die Suche nach einem gültigen Kandidatenblock und erhalten als Belohnung für ihren Beitrag virtuelles Geld oder Token.

 

 

Die Mechanismen zur Erstellung von Datenblöcken und Transaktionen machen es nahezu unmöglich, eine Blockchain zu hacken, um Daten zu ändern oder Transaktionen zu unterbrechen (immutability). Die Transaktionshistorie wird bei jedem Teilnehmer im Netzwerk gespeichert, und es existieren Wallets (Geldbörsen), mit denen die Schlüssel für die Identität und die Transaktionsgeschichte verwaltet werden.

In der reinen Ausführung existiert also keine zentrale Autorität, auf die Angreifer abzielen können, und kein Akteur in der Blockchain kann Daten für sich behalten, die Regeln ohne Absprache ändern oder das gesamte Netzwerk zum Einsturz bringen kann (Systemstabilität).

Alle Blockchain-Ansätze bestehen aus technologischen Bausteinen, die sich in der konkreten Ausprägung unterscheiden, aber letztlich drei Zieldimensionen besitzen:

  1. Transaktionsfähigkeit sichern – über peer-to-peer Netzwerke mit spezifischen Verbindungslogiken, Wallets (Geldbörsen zur Aufbewahrung) etc.
  2. Transaktionslegitimität sichern – durch Authentizitätssicherung des Senders, der Integrität der Nachrichten und kryptographischen Algorithmen und
  3. Transaktionskonsens herstellen – insbesondere über Konsensfindungsmechanismen.

Fazit

Fassen wir zusammen: Blockchains sind dezentral organisiert, aufgrund komplizierter Sicherungsmechanismen (kryptographische Funktionen) und verbindlicher Konsensmechanismen für neue Transaktionen (Blöcke) stark geschützt und benötigen damit keinen „Mittelsmann“.

Blockchains müssen nicht öffentlich sein. Sie können auch als private Blockchain aufgesetzt sein oder sogar einen hybriden Charakter haben. Auf die Bedeutung von privaten, also hinsichtlich des Zugangs eingeschränkte Blockchain, kommen wir später noch anhand von Beispielen zu sprechen.

Die spannende Frage ist nun aber: Was sind Smart Contracts, was hat die Blockchain-Technologie damit zu tun und warum ist dürfte das Resultat eine Breakthrough-Technology sein? Darum geht es im zweiten Teil unserer Reihe.

 


 

Dr. Norbert JesseDr. Norbert Jesse

Geschäftsführer, QuinScape GmbH

Neben der Geschäftsführung bei QuinScape – mit Schwerpunkten in den Bereichen Wissensmanagement, Big Data und Internet of Things – ist der zweifache Familienvater Lecturer an der TU Wien und Visiting Professor an der University for Business and Technology (UBT) in Pristina, Kosovo. Viele Jahre war Norbert Jesse aktiv als Vice-President der Federation of International Robot-Soccer Association.