Maschinelles Lernen, Künstliche Intelligenz, Deep Learning  – diese Methoden haben nicht nur eine lange Geschichte, sie sind seit längerer Zeit auch ein „heißes“ Thema in den Medien. Oft geht es dann um Leuchtturmprojekte wie Sprachübersetzung, Bildanalyse oder das autonome Fahren. Diese beeindruckenden Erfolgsmeldungen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass für ihren Einsatz jenseits der Tech- oder Automobilgiganten noch ein riesiges Potential besteht. Die nachfolgenden Ausführungen sind als Plädoyer zu verstehen, maschinelles Lernen (ML) im eigenen Unternehmen viel stärker nutzbar zu machen. ML sei hier in einem umfassenden Sinne verstanden, der auch die Konzepte für KI und Deep Learning umfasst.

Unternehmerischer Erfolg = Datenkompetenz + ML

Unternehmerischer Erfolg resultiert weithin aus dem Verständnis für die disruptiven Kräfte moderner Technologien, den hieraus resultierenden Marktveränderungen sowie den angemessenen Re-/Aktionmöglichkeiten hierauf. Man mag es Antizipation, Adaption oder Lernen nennen, am Ende gestalten Unternehmen – siehe Google, Apple, Amazon oder Tesla – oder sie schwimmen erfolgreich im Markt mit. Lerntheoretisch betrachtet geht es bei der erfolgreichen Unternehmensentwicklung (business development) um

  • den Prozess der verarbeiteten Wahrnehmung von Umweltveränderungen
  • der Bewertung eigener Handlungsoptionen sowie
  • einer hieraus abgeleiteten Positionierung des Unternehmens mit seinen konkreten Angeboten (= Veränderung von Denken (mindset) und Handeln).

Eingängiger formuliert: Die Verankerung einer nachhaltigen Kompetenz zur Informationserfassung und -verarbeitung, d. h. die Fähigkeit, aus Daten und Informationen (also einer Wahrnehmung) schnell die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, ist überlebenswichtig. Lernen, klug zu entscheiden, schafft Vorsprung.

Leider verlieren zu viele Unternehmen auf der Höhe des Erfolges ihre Innovations- und Lernfähigkeit. Berühmte Marken wie Neckermann, Quelle oder Kodak haben ihre einst erfolgreiche Geschäftspolitik mit nur wenigen Veränderungen Jahr für Jahr weiter betrieben. Die offenkundigen Signale für disruptiven Tendenzen in ihrem Markt wurden nicht wahrgenommen oder nicht angemessen interpretiert. Sie waren nicht lernbereit oder nicht lernfähig. Karl-Heinz Land und Ralf T. Kreutzer haben dieses Versagen unter dem Stichwort digitaler Darwinismus ausführlich beschrieben. Erfolgreich sind heute Unternehmen, die eine Digitalisierung ihres Geschäftes früh als Chance begriffen haben.

Die heutigen Märkte werden mehr denn je bestimmt durch eine massive Digitalisierung und die Interkonnektivität zwischen allem und jedem. Resultat ist eine De-Materialisierung (Karl-Heinz Land) des Wirtschaftslebens (datafication) – mit unfassbar schnell weiterwachsenden Datenmengen, die aus immer mehr Quellen sprudeln. Lernen kann damit nur bedeuten: diese Daten zu beherrschen, sie zusammenzubringen und dann – das ist der zentrale Punkt hier – zu verstehen, was diese Daten und Informationen „sagen“, welche Muster sie aufweisen, wie sich diese Muster verändern oder welche Vorhersagen sie nahelegen.

Daten und die Fähigkeit, sie zu analysieren, entscheidet über Erfolg und Misserfolg. Die Zeiten sind lange vorbei, in denen Excel-Charts eine Lösung waren. Schnelligkeit ist gefragt – egal ob es um die Maschinen-und Prozessdaten oder um die Reaktion auf Clickstreams geht. Es braucht „maschinelle Systeme bzw. Automatismen“, kurz: performante IT-Systeme, die bedarfsweise auf big data Reaktionen in Millisekunden ermöglichen.

Die Automatisierung des Datenmanagements und der Entscheidungsvorbereitung ist heute der zentrale Erfolgshebel für lernende Organisationen!

Mit ML zu einem tiefen Marktverständnis: Leicht gesagt?

Lassen wir IoT, autonomes Fahren, Produktionsprozesse, Landwirtschaft oder Medizin hier außen vor, konzentrieren uns auf einige grundsätzliche Aspekte von Marketing und Vertrieb und fragen uns: Wo stecken hier die Herausforderungen für das maschinelle Lernen?

Zunächst können wir leicht erkennen, dass die meisten Unternehmen weder die Daten noch den Bedarf haben, um mit neuronalen Netzen Katzen oder Hunde auf Fotos zu identifizieren. Was sie aber haben, sind immens viele Daten über Verkaufsdetails, wie etwa

  • im Supermarkt die Kassenbons (die stecken voller wertvoller Informationen)
  • Clickstream-Muster im online-shop
  • Beschwerde-Emails von Kunden oder
  • Social-Media-Statements zur Zufriedenheit mit den Dienstleistungen (sentiment data).

Semi- und unstrukturierte Daten ergänzen strukturierte Daten. Manchmal handelt es sich um Massendaten, manchmal aber auch nur um wenige, vielleicht aber besonders zeitkritische Statements. All diese Daten enthalten wertvolle, gar überlebenskritische Botschaften, „hidden pattern“. Angereichert mit externen Daten etwa zu Wetterbedingungen oder Trendthemen auf Social-Media-Kanälen entstehen völlig neue Optionen für die Marktansprache. Fein-granulare Preisangebote und Mikro-Kampagnen etwa sind schon lange kein technisches Problem mehr. Intelligente Bots erlauben es, mit Kunden in einen direkten Kontakt zu treten und deren Reaktionen zu analysiert. Und dies alles ist möglich für einzelne Produkte und Produktfamilien, regionale und internationale Märkte. Die Szenarien sind unbegrenzt!

Vom Reden zum Handeln

Was ist nun aber zu tun, um die IT- Grundlagen für den wirtschaftlichen Erfolg zu legen? Die generelle Antwort ergibt sich aus dem Vorgesagten: moderne IT-Werkzeuge für das Datenmanagement nutzen und mit ML die Daten und Signale analysieren.

In „grauer Vorzeit“ versuchten Experten die Qualität von Motoren anhand der Geräusche zu erkennen und der regionale Einzelhandel ließ regelmäßig Passanten oder Käufer befragen. Später flossen die Daten von Sensoren oder aus Kassensysteme in Datenbanken und wurden – überwiegend Silo für Silo – mit vorkonfektionierten Auswertungsprogrammen statistisch nach „Schema F“ ausgewertet. Es folgten BI- und Analytics-Plattformen für standardisierte Reports und leistungsfähige aber vergleichsweise einfache Datenauswertungen. Aber dies reicht heute lange nicht mehr.

Was weithin fehlt in Unternehmen, ist erstens eine adaptive Datenarchitektur. Die technologischen Möglichkeiten, sind in den letzten Jahren massiv gestiegen. Es existieren vielfältige Datenbanktechnologien, Werkzeuge für die Steuerung von Datenpipelines und der Datenvorverarbeitung. Flexible IT-Systeme sorgen dafür, dass Daten realzeit-nah für die Analyse zur Verfügung stehen. Mit Cloudangeboten und hybriden Konzepten können in hoher Geschwindigkeit Speicherressourcen angefordert werden und die Rechenpower ist faktisch unbegrenzt.

Zweitens ist es notwendig, die Daten viel stärker zu durchdringen. Der stete Datenfluss muss genutzt werden, um aus Daten kontinuierlich zu lernen, also etwa die Parameter in einem Vorhersagemodell für Kundenbedürfnisse laufend zu optimieren, die Kundensegmente ständig maßzuschneidern oder Sentiment Analyse für das Marketing zu betreiben. Genau hierfür steht das maschinelle Lernen mit einer Vielzahl an Methoden. Die Lernverfahren reichen von klassischen Methoden aus der mathematischen Statistik (u. a. Regressionsanalysen, Clusterverfahren, State Vector Machines) bis hin zu komplexen Analysen von Bewegungsmustern oder lernenden Empfehlungssystemen. Zunehmend dringen aber auch Ansätze mit neuronalen Netzen in Geschäftsfelder ein, z. B. im Zusammenhang mit Sprachübersetzungen, semantischen Analysen oder dem Einsatz von Bots.

In Ergebnis ist festzustellen: Sowohl auf Hardware- als auch auf Softwareseite stehen heute leistungsfähige Technologien zur Verfügung, die einen sofortigen Einstieg in ML ermöglichen. Notwendig ist ein Shift von Legacy-IT (Altsystemen) hin zu neuen Datenarchitekturen, etwa mit DWH-Modernisierung, Data Lakes, Data Virtualisierung auf der einen Seite. Auf der anderen Seite der Medaille bedarf es eines schnellen Investments in die Fähigkeit, mit ML die Daten nutzbar zu machen – ansonsten haben sie wenig Wert.

Nach diesen recht plakativen Ausführungen einige zusammenfassende Tipps für den erfolgreichen Einstieg in ML:

  • Datenkompetenz ist ein game changer
  • ML-Lösungen gibt es nicht „von der Stange“
  • ML-Projekte mit überschaubaren Zielen sind besser als Moonshot-Projekte
  • der schnelle produktive Einsatz ist wichtiger als zu viele PoC
  • multidisziplinäre Teams sind essenziell.

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